
KfW Award Bauen 2020
Holzhäuser punkten im Bergsteigerdorf – und bei der Jury
Liebe zur Heimat, Wertschätzung der Natur und umweltverträglicher Tourismus – diese Eigenschaften machen „Bergsteigerdörfer“ zu beliebten Fremdenverkehrszielen. Eines von ihnen ist Schleching im bayerischen Chiemgau. Das 1.800 Einwohner-Dorf trägt sein Prädikat mit Stolz: Hier gibt es keinen Massenbetrieb, sondern authentische Atmosphäre und eine intakte Dorfgemeinschaft.
Natur verpflichtet: Holzbau vor Alpenkulisse
Doch selbst in der schönsten Idylle muss auch einmal neu gebaut werden. Für ein jüngst ausgewiesenes Erweiterungsgebiet erließ die Gemeinde allerdings enge Vorgaben: Die Grundstücke waren mit je 350 qm verhältnismäßig sparsam geschnitten, was die Grundfläche der Häuser von vornherein limitierte, und die Gestaltung musste architektonisch – bis hin zur Fensterform – mit der ortstypischen Bebauung harmonieren. Zwei dieser Parzellen erwarben die Schwestern Anja und Andrea Aicher, die in dritter Generation ein regionales Holzbauunternehmen führen. Und sie nutzten die Gelegenheit, auf kleinem Raum zu zeigen, welch große Möglichkeiten das Bauen mit Holz bietet.
Außen dekorativ, innen innovativ
Apropos groß: Schon auf den ersten Blick fällt der Dachüberstand der beiden fertigen Häuser auf. Mit 2,00 m vorne und 1,20 m an den Seiten hat er tatsächlich stattliche Maße. Diese Dimensionierung war eine Vorgabe der Kommune, was aber dem Holzbau durchaus entgegenkommt. In der niederschlagsreichen Gegend ist so ein wirkungsvoller konstruktiver Holzschutz ohne Chemie an Balken und Brettern sichergestellt, und an sonnigen Tagen wirkt sich die Verschattung angenehm kühlend aus. „Das Dach wirkt schon recht mächtig“, erklären die beiden Schwestern, „aber es vermittelt auch viel Geborgenheit.“
Gebaut wurden beide Häuser aus Holz, nur bei den Fassaden entschieden sich die Bauherrinnen für unterschiedliche Varianten: Eines wurde mit einer Schalung aus gedämmter Fichte versehen, das andere trägt eine Schuppenverkleidung aus Lärchenschindeln. Beides passt, da traditionell, hervorragend in die Landschaft.
Was sich hinter den romantischen Gesichtern der Gebäude verbirgt, ist dann allerdings auf dem neuesten Stand des Holzbaus: Buchenzapfen verbinden die Brettstapeldecken ganz ohne Leim, die Oberflächen des industriell vorbereiteten Bauholzes sind unbehandelt, die Fenster aus Holz-Alu-Kombination besonders pflegeleicht und recyclingfreundlich. Auf Nachhaltigkeit wurde auch beim energetischen Konzept der Holzhäuser großer Wert gelegt. Mit einer starken Öko-Dämmung aus natürlichen Materialien wie Holzfaser und Cellulose, einer Luft-Wasser-Wärmepumpe und Energie-Rückgewinnung aus der Abluft wird der KfW-Effizienzhaus-Standard erreicht.

Als Anerkennung für die hervorragende Integration ins bestehende Umfeld und für die nachhaltige Bauweise wurden die beiden Holzhäuser mit dem KfW Bauen Award 2020 ausgezeichnet. Die Jury bewertete unter anderem die Balance aus Architektur und Erscheinungsbild, die Energie- und Kosteneffizienz, eine optimale Raum- und Flächennutzung sowie auch individuelle Wohnlichkeit.






Bildquelle: Claus M. Morgenstern