
Blickpunkt Baukosten
Ist Holzbau tatsächlich teurer?
Ob ein Holzhaus tatsächlich mehr kostet als ein vergleichbares in anderer Bauweise, haben wir im Interview jemanden gefragt, der sich mit der Materie bestens auskennt: Roland Glauner, technischer Referent von Holzbau Deutschland – Bund Deutscher Zimmermeister im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes erläutert Grundlagen und Hintergründe der Kostenvergleiche – auch solche, an die ein Bauherr zunächst möglicherweise gar nicht denkt.
Holz kann: Um gleich auf den Punkt zu kommen: Ist es richtig, dass die Kosten für ein Haus in Holzbauweise höher sind als bei anderen Bauweisen?
Roland Glauner, Holzbau Deutschland: Dass diese Behauptung so pauschal nicht stimmen kann, beweisen die Fertighaushersteller, die schon seit den 80er Jahren zu 90 Prozent in Holzbauweise fertigen und das zu konkurrenzfähigen Kosten. Daher ist es umso erstaunlicher, dass sich diese Behauptung so lange halten kann.
„Der direkte Kostenvergleich hinkt oft“
Die Frage ist vielmehr, welche Kriterien einem Vergleich mit anderen Bauweisen zugrunde gelegt werden. Ein direkter Vergleich der Baukosten ist schwierig, schließlich muss für eine objektive Betrachtung auch immer berücksichtigt werden, was zu den Baukosten dazugehört. Bei anderen Bauweisen werden häufig die reinen Rohbaukosten genannt. Der Holzhausbau beinhaltet je nach Vorfertigungsgrad noch viele weitere Kosten der Nachfolgegewerke, die bauartbedingt bereits in den Holzbauteilen integriert sind. Das beginnt bei der Verlegung und Vorbereitung der elektrischen Anlagen und kann je nach Auftrag noch weitere Bauteile beinhalten. Manche werden ja schon mit Putz, Fenster- und Türelementen komplett vormontiert auf die Baustelle geliefert. Der direkte Kostenvergleich hinkt also oft.
Werden beispielsweise die reinen Baustellenzeiten betrachtet, so punktet der Holzbau gegenüber anderen Bauweisen. Bei der Holzbauweise werden die einzelnen Elemente witterungsunabhängig im Werk vorgefertigt. Das ermöglicht nicht nur eine gute Qualitätskontrolle, sondern erlaubt auch sehr kurze Montagezeiten auf der Baustelle. Der hohe Vorfertigungsgrad beim Holzbau reduziert also die Baustellenzeit wesentlich. So lassen sich zeitgebundene Kosten der Baustelle wie beispielsweise Gerüstbau sparen und auch die Lärmbelastung der Nachbarschaft wird deutlich verringert.
Gerade im Eigenheimbau kann bei der Planung durch Typenhäuser ein beträchtlicher Kostenanteil eingespart werden, kombiniert mit der Vorfertigung ergeben sich so oft sogar vergleichsweise günstige Häuser.
Holz kann: Aber nicht alle, die sich für Holz entscheiden, bauen Typenhäuser „von der Stange“, oder?
Roland Glauner: Nein. Neben Kunden, die sich aufgrund des Kostenfaktors für eine möglichst vorgefertigte Bauweise entscheiden, gibt es auch viele Bauherren, die zur Realisierung ihres individuellen Traumhauses ganz bewusst auf den Baustoff Holz setzen. Oft spielen dabei Nachhaltigkeitsüberlegungen eine Rolle und dass der Holzbau hervorragend zu einem natürlichen Lebensstil der Bauherren passt.
"Natürlich machen sich Details in den Gesamtkosten bemerkbar – das ist auch gut so“
Die handwerklichen Holzhausbauer unseres Verbandes machen dabei vielfach die Erfahrung, dass die bewusste Entscheidung für die Ausgestaltung der eigenen vier Wände nicht mit der Baustoffwahl der Tragkonstruktion aufhört, sondern sich in vielen Details fortsetzt.
Natürlich machen sich solche Details auch in den Gesamtkosten bemerkbar. Das ist aber auch gut so, schließlich ist der Bau eines Hauses eine Investition, die sich die meisten Bürger in der Regel nur einmal im Leben leisten. Am Ende sollen sie sich in ihren eigenen vier Wänden rundum wohl fühlen.
Eine Vergleichbarkeit zwischen der Holzbauweise und anderen Bauarten ist daher aber nur sehr eingeschränkt möglich, da die Ausstattung zweier Gebäude bzw. zweier Bauherren nie exakt gleich ist. Statistisch kann man aber über die Gesamtheit aller genehmigten Eigenheime in Deutschland versuchen, ein durchschnittliches Fazit zu ziehen. Schaut man sich die Daten des Statistischen Bundesamtes zur Bautätigkeit an, stellt man fest, dass die veranschlagten Kosten pro genehmigtem Eigenheim in Holzbauweise ziemlich genau dem Durchschnitt mit anderen Bauweisen entspricht.
Holz kann: Wie sieht es bei den Kosten für mehrgeschossige Wohnhäuser aus Holz aus?
Roland Glauner: Tatsächlich lagen die Kosten für den Bau mehrgeschossiger Holzhäuser lange Zeit höher als für den mehrgeschossigen Bau mit anderen Baustoffen. Das hat sich aber sowohl dank des technischen Fortschritts im Holzbau als auch durch Anpassung der Vorschriften mittlerweile geändert. Dies belegt eindrucksvoll ein Projekt in Vorarlberg bei dem, u. a. zu Forschungszwecken, zwei fast identische Wohnhäuser gebaut wurden. Das eine in einer Ausführung aus Holz und das andere in Massivbauart.
„Mehrgeschossige Holzhäuser sind heute nicht mehr teurer“
Auch mehrgeschossige Holzhäuser sind demnach nicht mehr per se teurer. Wird bei der Kostenaufstellung die reduzierte Bauzeit und die damit einhergehende frühere Nutzungsmöglichkeit in Form von Mieteinnahmen berücksichtigt oder die im urbanen Raum meist außer Acht gelassenen Kosten aufgrund von Mietminderungsforderungen durch Baustellenlärm und Staubbelastung bei Nachbarhäusern, so sind Holzhäuser im mehrgeschossigen Bereich heutzutage sogar günstiger.
Holz kann: Was muss sich ändern, damit auch im Mehrfamilienhausbau noch mehr in Holz gebaut wird?
Roland Glauner: In vielen Bundesländern hat der mehrgeschossige Holzbau leider noch immer mit bauordnungsrechtlichen Hürden zu kämpfen, die im Einzelfall zusätzliche Brandschutzgutachten und Zulassungen notwendig machen. Das zieht zwangsläufig Abstimmungen mit der Feuerwehr und Bauaufsichtsbehörden nach sich und spiegelt sich aber am Ende auch in den Baukosten wider.
„Holzbau wird absolut konkurrenzfähig werden“
Einige Bundesländer erkennen den technischen und vor allem auch den sicherheitstechnischen Fortschritt des Holzbaus mittlerweile in den Landesbauordnungen an. Der Holzbau wird dort bauordnungsrechtlich mittlerweile gleichgestellt.
Mit jedem gebauten Projekt im mehrgeschossigen Bereich steigt die Erfahrung der beteiligten Planer und ausführenden Unternehmen. Das wird zunehmend dazu führen, dass der Holzbau auch in diesem Bereich absolut konkurrenzfähig zu anderen Bauweisen werden wird.
Bildquellen: Bernard Hermant/unsplash.com (Hauptmotiv), Holz kann